Forschungsberichte

Entwicklung einer Methodik zur optimierten Gestaltung von Umformwerkzeugen

Markus Lutz Graf von Schwerin

134 Seiten 0 Abbildungen Hieronymus Buchreproduktion GmbH, München, 2008 ISBN 978-3-89791-397-0

Die vorliegende Arbeit beschreibt die Entwicklung einer Methodik, die es ermöglicht, die elastische Wechselwirkung zwischen dem Fertigungsmittel und der Fertigungspresse systematisch zu erfassen. Hilfreich hierfür ist der Trend, die FEM-Simulation im Bereich Blechumformung noch stärker als bisher zu nutzen und weiterzuentwickeln. Durch die Einbindung der Umformsimulation in den virtuellen Entwicklungsprozess von Umformwerkzeugen gelingt es, prozesstypische und bauteilabhängige Lastzustände im Umformwerkzeug abzubilden. Unterstützt wird diese Praxisnähe durch die Einbindung der Fertigungspresse in das FEM-Gesamtmodell. Erst durch ihre elastische Wechselwirkung mit dem Fertigungsmittel können praxisrelevante Pressentischbiegelinien und ihre Auswirkungen auf die Werkzeugwirkflächen rechnerisch ermittelt und bewertet werde . Die beschriebene Methodik wurde mit dem Fokus der industriellen Anwendbarkeit entwickelt und baut daher in einigen Teilbereichen auf bereits existierenden, virtuellen Teilprozessen auf. Erst durch die Entwicklung geeigneter Schnittstellen, die ebenfalls im Rahmen der vorliegenden Arbeit entstanden, wird ihr effizientes Zusammenwirken möglich.

In zwei Anwendungsfällen wird am Beispiel des Umformwerkzeugs der Frontklappe der BMW 5er Baureihe (e60), sowie des Längsträger Oberteil Werkzeugs der BMW 3er Baureihe (e90), die Funktionsfähigkeit der entwickelten Methodik nachgewiesen. In einer Gegenüberstellung des neu entwickelten Lastfalls, bei dem das Zusammenwirken von Umformsimulation, Werkzeug und Umformpresse im Vordergrund steht, mit dem vereinfachten Lastfall, der auf der konstanten Verteilung der Umformkraft auf der Pressentischspannplatte und der Stößelspannplatte beruht, werden die Auswirkungen der beiden Lastfälle ermittelt und bewertet. Dabei wurde deutlich, dass das Verhalten der Umformpresse Auswirkungen auf das elastische Verhalten des Umformwerkzeugs hat. Bei den angestellten Untersuchungen war festzustellen, dass sowohl der Ort der Krafteinleitung als auch die Größe des Werkzeugs, das Ergebnis der Pressentischdurchbiegung prägen. Durch verschiedene prozessbegleitende Messungen konnten die Berechnungsergebnisse abgesichert werden.

Es ist festzuhalten, dass für eine Vorhersage des elastischen Werkzeugverhaltens beim Umformprozess die Einbindung der Fertigungspresse, oder ein Ersatzmodell mit vergleichbaren mechanischen Eigenschaften, erforderlich ist. Gegenüber des zur Auslegung von Fertigungsanlagen bereits fest etablierten Lastfalls, der bisher von einer konstanten Verteilung der Prozesskraft auf Pressentisch und -stößel ausging, stellt diese Methodik eine Weiterentwicklung dar, die sowohl die individuelle, durch die Bauteilgeometrie und Werkstoffgüte geprägte Kraftübertragung, als auch die Werkzeuggröße mit berücksichtigen kann. Neben den Aussagen, die für eine gezielte Werkzeugauslegung getroffen werden können, stellt die Methodik auch wertvolle Erkenntnisse für die Pressenbauer dar. Der bedeutsame Kostendruck, unter dem die Pressenbauer stehen, forciert die Entwicklung und Nutzung von Einsparpotenzialen in allen Bereichen. In der Konstruktion sind es insbesondere modulare Bauweise, Standardisierung und der Einsatz von rechnergestützten Techniken, die eine Wettbewerbsfähigkeit sichern. Daneben ist die gezielte Dimensionierung von Pressen ein weiterer wesentlicher Erfolgsfaktor. Die genaue Kenntnis der im Prozess vorherrschenden Lastzustände ist eine wesentliche Voraussetzung, Anlagen mit gezielter Dimensionierung entwickeln zu können. Je genauer der Prozess "Umformen" virtuell abzubilden ist, desto gezielter und damit wirtschaftlicher kann auch die Dimensionierung erfolgen.